Sogenanntes "Kräuterweiblein" am Tegernseer Patz in 2002.

"Vorab bitte eine Mail"

Interview mit Alice Mikyna über das Fotoprojekt „Friara und heit, Buidl vo de Leit. (2002-2019)“

Du machst ja schon länger Porträts von Menschen in Giesing. Was motiviert Dich? Nach was suchst Du?
Ich habe in 2000 damit angefangen, dann allerdings eine längere Pause gemacht. Es ging mir immer um die Leute, die mich umgeben haben. Es ist Liebe zum Viertel. Da sich unsere Umgebung ja stets verändert, wollte ich sie dokumentieren – nicht an den Häusern, sondern anhand der Gesichter. Ich habe damals in der Unteren Grasstraße gewohnt. Da habe ich angefangen die Kinder zu fotografieren und dann die Frauen. Bald hatte ich eine ansehnliche Reihe zusammen, die spannend war und die ich zeigen wollte. Damals habe ich dann einfach im Wartezimmer der Kinderarztpraxis Dr. Sparrer ausgestellt.

Wie entscheidest Du wen Du ­fotografierst?­­ ­Wie kommst Du an die Menschen ran?
Ich wähle nach Neugier, Sympathie oder nach ­Gefühl aus – mal beim Spazieren, mal durch Empfehlung, mal nach Recherche. Ob das Bild etwas wird, weiß ich bereits nach drei Sekunden. Das heißt aber nicht, dass es immer schnell geht. Wen ich nicht kenne, zu dem muss ich erst Vertrauen aufbauen. Es gibt schon häufig eine gewisse Skepsis, fotografiert zu werden. Ich würde nichts ver­öffentlichen was jemandem nicht zusagt.

Deine Porträts erzählen sehr viele Geschichten.
Das Projekt findet ja auf sehr engem Raum statt, letztlich in unserer unmittelbaren Umgebung. Da fühlt sich eigentlich alles immer ziemlich normal an. Es ist allerdings fantastisch wie viele gute Menschen hier wohnen, wie vielfältig es auf kürzester Distanz ist und was die Leute hier alles stemmen. Ich denke, das erzählen die Porträts. Man sieht es den Gesichtern ja an! Da die Bilder keine Fremden zeigen sondern Nachbarn, erzählen sie auch für jeden eine andere Geschichte. Je nachdem ob man wen vom Sehen kennt oder zum Freund hat.

Merkt man in 20 Jahren, dass sich etwas ändert?
Die Spontaneität und Offenheit sind denke ich geringer geworden. Ich könnte die Ausstellung auch „Vorab eine Mail“ nennen. Jeder will die Details kennen: „Schick mir doch erst die Infos“. Hinter jedem steht jetzt ein ­Konzept wie man sich präsentiert. Die Haltung „Ich bin so wie ich bin“ scheint seltener zu sein.

Wo zeigst Du „Friara und Heit, Buidl vo de Leit“?
Die Fotografien werden vom 1.-9. Juni unter dem Motto „Fensterln“ in Schau­fenstern zwischen Tela 155 und Nockherberg 15 hängen. So können sie zu jeder Uhrzeit "entdeckt" werden. An den Schaufenstern gibt es jeweils einen Überblicksflyer der verteilten Ausstellung. Ab dem 27. Juni, 19 Uhr wird „Friara und Heit, Buildl vo de Leit“ dann bis zum 8. September in der Volkshochschule in der Severinstraße 6 zu sehen sein.

Interview: Torsten Müller, Mai 2019

Weitere Informationen

Das Fotoprojekt "Friara und heit, Buidl vo de Leit" wird unterstützt aus dem Verfügungsfonds der Sozialen Stadt Giesing.

Inhalt

Der Giesinger als barrierefreies pdf.


Eröffnung Pöllat-Pavillon zum Tag der Städtebauförderung

Grünspitz: Zurück zu den Wurzeln

Interview: "Vorab bitte eine Mail"

Debatte: Fußgängerzone im Sommer?

Darf man im Park stinken?

Ois Giasing! 2019

Sirenen in der Tela 155


Der Giesinger, das kostenfreie Stadtteilmagazin der Sozialen Stadt Giesing erscheint zweimal jährlich. Er liegt in Druckform in Gemeinbedarfseinrichtungen sowie in Geschäften entlang der Tela aus.